„Sempiternal Lock-in“

Komponieren entlang ostafrikanischer „inherent“-Patterns

...sich in einen unwiderstehlich strömenden Klang- sog steigern...

……vor vier Jahren durfte ich im Rahmen eines Stipendiums der Schweizer Kulturstiftung pro helvetia für einen Arbeitsaufenthalt nach Südafrika reisen. Dort lernte ich unter anderem bei Dizu Plaatjies am South African College of Music in Capetown die so genannte lock in Spieltechnik auf Akadindas und Amadindas  (sehr grosse Mallet-Instrumente, welche den bei uns üblichen Marimbaphonen in gewisser Weise ähnlich sind) kennen. Es geht dabei, grob gesagt, darum, dass zwei bis drei Perkussionsspieler ein Akadinda oder Amadinda- Instrument von zwei Seiten her bespielen (siehe Abb.) und dabei jeweils durchlaufende Sechzehntel-, Triolen- oder freiere „Melodie“-Ketten entstehen, welche sich zu relativ einfachen „inherent“-Patterns ergänzen. Dabei kann das menschliche Ohr, wenn sehr präzise zusammengespielt wird, ganz unterschiedliche „Ergänzungs- und Variantpatterns“ in der mitklingenden Obertonstruktur hören und filtrieren, die an sich nicht gespielt werden, jedoch in der akkustischen Wahrnehmung im Raum entstehen. Zudem wird durch das interlocking ein horrend hohes Spieltempo präzise möglich, welches von einem Musiker alleine unmöglich ausgeführt werden könnte. Wichtig ist zudem, dass keiner der beiden Musiker, auch jener, der sich nach unserem Verständnis in der „leichten“ Taktzeit einrasten muss, für sein Gefühl auf „leichte“ Zeit spielt. Es gibt zwei schwere Taktzeiten, welche wie zwei Zahnräder ineinandergreifen, was vermutlich eines der wichtigsten Geheimnisse und Unterschiede zu unserer westlichen Musik ist.

"Streetview" in Uganda

In der Komposition  „...vague écume des mers....“ für Streichquartett geht es im Prinzip um das prozessuale Ordnen und Strukturieren und um das Herausmodellieren ganz verschiedener Erscheinungsformen solcher rhythmisch-melodischer Gestalten, eine Musikwelt, die im Prinzip in der Traditionslinie der Werke S. Reichs, G. Ligetis und Conlon Nancarrows gesehen werden kann. Es geht um das sukzessive Ausdünnen und Verdichten der Patternstrukturen und um ein permanentes „Interlocking“, wobei die teilweise horrend schweren Figuren durch das Ineinandergreifen von zwei verschiedenartigen Patterns relativ leicht und traditionell spielbar sind.

Die Besonderheit der Patterns, welche ich für meine Kompositionen entwickelt habe, manifestiert sich im Speziellen in folgenden Eigenschaften:

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Interview des französischen Senders MEZZO mit Michael Pelzel in Zürich (November 2012) hier


....wie wilde Tiere an der Leine sorgsam geführt...




… um nur bruchstückhaft einiges auszuformulieren, was mich ganz persönlich beim Komponieren gefangen nimmt und beschäftigt:

Zurzeit stehen verschiedene Formen des Musiktheaters besonders im Zentrum meines Interesses. In diesem Zusammenhang bin ich auf Umwegen auf den Schweizer Schriftsteller Hermann Burger (1942-1989) gestoßen, der in seinem Œuvre immer wieder versucht hat, Momente oder Figuren aus kanonisierten „Meister“-Werken herauszulösen und neu zu platzieren. Man könnte sich des neudeutschen Wortes „recyceln“ bedienen, um den Reintegrations- und Neukontextualisierungsvorgang bei Burger zu beschreiben. Zudem werden diese zitathaften Figuren oder „allusiven“ Situationen oft auch mit banalen Alltagsereignissen oder Texten der Boulevardpresse kombiniert. In diesem Spannungsfeld wird durch das Anstreben von quasi-globalen Materialkontrasten auf der inhaltlichen Ebene ein interessantes dramaturgisches und zuweilen sogar formales Beziehungsgeflecht produziert.

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